Gustav Heinemann
Wer um den 13. Dezember herum nach Schweden reist, wird überall auf weißgekleidete, mit einem Lichterkranz geschmückte Mädchen stoßen, Ableger der Lichterkönigin Lucia.
Die schöne, feierliche Weihnachtszeit beginnt in Schweden bereits am 13. Dezember. Die anstehende Wintersonnenwende, die bis zur Kalenderreform 1582, auf den Festtag der heiligen Lucia am 13. Dezember fiel, wurde mit zahlreichen Lichter und Wintervertreibungsbräuchen gefeiert. In Schweden wird die Luciennacht bis heute als Mittwinternacht begangen.
Früh am Morgen verkleidet sich meist die älteste Tochter der Familie als Heilige Lucia. Sie trägt dazu ein langes weißes Kleid mit rotem Band um die Taille und einen Kranz mit brennenden Kerzen auf dem Kopf. So serviert sie den noch schlafenden Familienmitgliedern das Frühstück mit besonders leckerem Gebäck. Als Heilige Lucia verkörpert sie die Lichterkönigin, die in dieser dunklen Jahreszeit Hoffnung auf die nun bald wieder länger werdenden Tage macht.
Mittlerweile gibt es wohl keine schwedische Stadt mehr, in der es nicht von Lichterköniginnen wimmelt. Ihnen folgen sogenannte stjärngossar, kleine Jungen mit langen weißen Hemden und einer spitzen Sternenmütze.
Wo Lucia und ihr Gefolge singend auftreten, laden sie zu Kaffee und Safrangebäck (lussekatter) ein. Kein anderes Land feiert Lucia auf diese Weise und das liegt wohl daran, daß die Dunkelheit und Kälte Schwedens den Hintergrund bilden, den Lucia benötigt, um in ihrem warmen Glanz zu erstrahlen. In Schweden gibt es zu dieser Zeit nämlich nur 6 Stunden lang Tageslicht.
Das Luciafest ist der Auftakt des Weihnachtsfestes (jul), und die beiden dazwischenliegenden Wochen stehen im Zeichen der Vorbereitung dieses sehr langen und reich gestalteten Festes. Der 25. (juldagen) und 26. (annandag jul) Dezember sind Feiertage, und nach dem Neujahrsfest (mit dem 1. Januar als Feiertag) geht Weihnachten am 6. Januar, dem Tage der Heiligen Drei Könige, offiziell zu Ende.
Auf fast jeder Weihnachtstafel steht der Julskinka, gekochter oder gebratener Schinken, eine Erinnerung an die Zeit, als man vor Weihnachten noch schlachtete, um zum Fest frisches Fleisch zu haben. Dazu ißt man Grünkohl und/oder Rotkohl und Rote-Beete-Salat. In die Schinkenbrühe taucht man Brotscheiben (»Dopp i grytan« = in den Kochtopf tunken), so wie man es früher tat, als es noch galt, Fett in jeder Form zu nutzen. Auf dem traditionellen Weihnachtstisch stehen natürlich auch Fleischbällchen (köttbullar), Leberpastete, Heringssalat (Sillsallad), verschiedene Wurst- und Käsesorten-Gerichte, die ebenfalls zum Smörgåsbord gehören. Spätestens seit Ingmar Bergmans Film »Fanny und Alexander« weiß man, daß zu Weihnachten in Schweden um den Tannenbaum herumgetanzt wird.
Lutfisk (Stockfisch) ist das Gegengewicht zu der fetten Kost, und man serviert ihn an einem der beiden Feiertage, danach gibt es als Nachtisch einen dicken Reisbrei. Den Reis kocht man in Milch und verfeinert ihn mit Sahne, Butter, Zucker und Zimt; eine einzige Mandel mischt man in den Brei, wer sie bekommt, wird als nächster heiraten.
Was man unter keinen Umständen vergessen darf, ist, eine Schale Reis vor die Tür zu stellen, für den jultomte, den schwedischen Weihnachtswichtel. Er erfreut sich großer Beliebtheit, denn er ist es, der die julklappar (Geschenke) bringt. Ursprünglich war der tomte ein Zwerg oder ein Fabelwesen, das auf Bauernhöfen wohnte und, wenn man ihn gut behandelte, den Bauern bei der Arbeit half.
schwedischer Text: Arvid Rosen / deutscher Text: Klaus Neuhaus
Sie bringt das Licht hinein in düst’re Zimmer
sie steht ganz hoffnungsvoll im Kerzenschimmer,
kommt in der Dunkelheit,
leuchtend, mit weißem Kleid,
Santa Lucia, Santa Lucia.
Naten gar tunga fjät rund gard och stuva
Kring jord som sol’n förlät skuggorna ruva.
Da i vart mörka hus
stiger med tända ljus.
Sankta Lucia, Sankta Lucia.
Foto: Katarina Eriksson, Dezember 2005
Seit 1966 wird auf dem zentral gelegenen Schlossplatz Slottstorget in Gävle (Schweden) zur Weihnachtszeit ein überdimensionaler Julbock aufgestellt.
Er ist üblicherweise 13 Meter hoch, 7 Meter lang und wiegt etwa 3,5 Tonnen. Trotz intensiver Bemühungen der Initiatoren (eine lokale Handelsver-einigung und ein naturwissenschaftlicher Schülerverein) den Bock zu schützen, wird er fast jedes Jahr Opfer von Brandanschlägen.
Diese Tatsache wurde von Touristen bzw. Austauschstudenten als Tradition aufgefasst, so dass sie sich aktiv an der Zerstörung des Julbocks beteiligen.
Seit 1996 wird der Julbock videoüberwacht, von seinem aktuellen Zustand kann man sich per Webcam überzeugen. Er hats schon nicht leicht: Mal wurde er von einem alten Auto umgefahren, mal wurde ihm ein Bein abgebrochen.
Zum 40-jährigen Jubiläum wurde der Julbock im Winter 2006 erstmals mit einem Brandschutzmittel imprägniert und konnte einem Anschlagversuch erfolgreich standhalten. 2008 gabs kein Feuerschutzmittel, aber der Bock hat trotzdem bis nach Weihnachten gestanden. 2009 wurde der Bock am 23. Dezember in Brand gesetzt; zeitgleich kam es zu einem Hackerangriff auf den Server der Gemeinde – die Speicherung der Webcambilder fiel aus und die Brandstifter konnten dadurch nicht ermittelt werden. Später gab es sogar Pläne, dass er mit einem Hubschrauber entführt werden sollte.
13. Dezember 2024 | aktualisiert im Dez. 2024 | 4.450 Betrachter